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Jungwildtierrettung 2023 - Hegering IX Dänischer Wohld
14. 06. 2023Ich möchte meinen Bericht mit folgendem Auszug beginnen:
„Jährlich fallen laut Hochrechnungen der Deutschen Wildtierstiftung bundesweit bis zu 500.000 Wildtiere landwirtschaftlichen Mähmaschinen zum Opfer.
Dies betrifft insbesondere Rehkitze, die von April bis Juli (eines jeden Jahres von der Ricke) zum Schutz vor Prädatoren im hohen Gras abgelegt werden. Während die Rehkitze so perfekt vor natürlichen Fressfeinden geschützt sind, stellen insbesondere landwirtschaftliche Mähmaschinen eine große Bedrohung dar. Insbesondere in den ersten beiden Lebenswochen sind die Kitze aufgrund des nicht vorhandenen Fluchtinstinkts nicht in der Lage, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Diese Zeit überschneidet sich mit dem Beginn der Mähsaison, was zur Folge hat, dass Rehkitze regelmäßig durch landwirtschaftliche Maschinen verstümmelt oder getötet werden. Der Tierschutz ist in Artikel 20a des Grundgesetzes verfassungsrechtlich (als Staatsziel) verankert und daher auch bei der Mahd zu berücksichtigen.“ (BT-Drs. 20/5873, Seite 1 m.w.N.)
Aufgrund dieser Ausgangslage haben sich auch in diesem Jahr eine Vielzahl von Ehrenamtlichen zusammengetan um Jungwild auf den jeweils zu mähenden Grünland- und Ackerfutterflächen vor dem Mähtod zu bewahren.
Zu diesem Zweck und um schlussendlich kurzfristiger agieren zu können, hat die Jagdgenossenschaft Gettorf bereits 2021 eine eigene Drohne mit Wärmebildtechnik erworben, u.a. mittels Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vermittelt durch den KJS Eckernförde e.V. Die Drohnenpiloten hatten im Vorwege den nötigen Drohnenführerschein beim Luftfahrt-Bundesamt nach erfolgreicher Prüfung erworben, so dass gut ausgerüstet in die Saison 2022 gestartet werden konnte. Neben dem berechtigten Drohnenpiloten gehört zum „Kitzretter-Team“ noch mindestens eine weitere Person; so kann das Vorhaben schlussendlich reibungslos funktionieren. Diese Person hat neben einem Kescher, um das Wild vorerst zu fangen/fixieren, auch ein Behältnis zur Aufbewahrung des gefundenen Jungwildes mit, in welchem es bis zum Ende der Mahd überdauern kann.
Wie im letzten Jahr konnten auch in diesem so eine große Anzahl von Jungwild, nicht nur im Einzugsbereich der Jagdgenossenschaft Gettorf, sondern auch in einigen der umliegenden Reviere, vor dem Mähtod gerettet werden. Dabei wurden Grünland- und Ackerfutterflächen überflogen. Die Saison begann in diesem Jahr wieder früh. Ab Mitte Mai waren die Ehrenamtlichen im Einsatz. Ende Mai/Anfang Juni folgte der zweiter Schnitt für das Grünland, auch hierzu wurden die Kitzretter gerufen, um im Vorfeld die Flächen mit der Drohne abzufliegen.
Die Tiere werden nach dem Ende der Mahd entweder von den Landwirten selbst oder aber dem Team der Kitzretter aus dem Behältnis an einem „sicheren“ Ort entlassen; also geschützt vor Greif- und Rabenvögeln, die aufgrund des abgemähten Gebietes ohne großen Aufwand das Jungwild aufspähen können.
Damit die Sicherung des Jungwildes funktioniert, bedarf es aber noch eines weiteren Teammitgliedes: Dem Landwirt. Ohne die Mitteilung der Landwirte wäre das vorherige Abfliegen der zu mähenden Flächen unmöglich.
Dem Landwirt entsteht dadurch keine Mehrarbeit. Er muss lediglich, wenn möglich, ausreichende Zeit vorher, dem oder den Jagdausübungsberechtigten Bescheid geben, dass und welche Flächen gemäht werden sollen. Dieser besitzt im besten Falle selbst eine entsprechende Drohne oder aber kümmert sich um ein Kitzretter-Team bzw. leitet entsprechende Sicherungsmaßnahmen ein.
Dabei sollte nicht verkannt werden, dass die Mitteilung, dass und welche Flächen wann gemäht werden sollen, nicht obligatorisch ist. Vielmehr ergibt sich eine Verpflichtung hierzu (Art. 20a GG und TierSchG), sofern nicht selbst ausreichende Maßnahmen ergriffen werden, die im Zweifel nachzuweisen sind. Falls der Landwirt die Benachrichtigung oder eine eigene Absuche unterlässt, greifen die Regelungen des Tierschutzgesetzes (§§ 17 ff. TierSchG). Hierin wird u.a. bestimmt, dass wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft wird.
Schlussendlich bietet das drohnenbasierte Verfahren zu dem herkömmlichen Abgehen der Fläche am Vorabend oder dem Aufstellen von Rauchmeldern oder Tüten (Vergrämung), die Möglichkeit, zeitsparend und effektiv Grünland- und Ackerfutterflächen abzusuchen.
Zu betonen ist noch der Umstand, dass es vermieden werden sollte, zwischen dem Abfliegen und dem eventuellen Fund und dem Mähen einen großen Zeitraum verstreichen zu lassen. Ein Rehkitz muss je nach Gewicht alle zwei Stunden Milch aufnehmen, diese Zeit verlängert sich mit dem Gewicht des Rehkitzes (die Ricke säugt ihre Kitz in der ersten Zeit drei- bis elfmal am Tag; Quelle: https://www.jaegermagazin.de/wildarten/saeugen-des-schalenwildes-die-milch-machts/ ;abgerufen am 05.06.2023 um 13:31 Uhr).
Zuletzt komme ich auf das zitierte Dokument von zu Anfang zurück (BT-Drs. 20/5873, Seite 7):
„Wie groß ist der Anteil der Antragsberechtigen in Deutschland aktiven Kitzrettungsorganisationen der Jägerschaft, Landwirtschaft sowie Zivilgesellschaft, die in den vergangenen zwei Jahren bereits in den Genuss einer finanziellen Unterstützung durch die Bundesförderung gekommen sind?
Von allen eingegangenen Anträgen im Jahr 2021 stammten 53 Prozent aus den Jägerschaften und 47 Prozent aus Vereinen der Zivilgesellschaft. Von allen eingegangenen Anträgen im Jahr 2022 stammten 45 Prozent aus den Jägerschaften und 55 Prozent aus Vereinen der Zivilgesellschaft. Es kann jedoch keine Aussage dazu getroffen werden, wie hoch die Anzahl aller potentiell antragsberechtigten Vereine der Jägerschaften und der Zivilgesellschaft in Deutschland insgesamt war.“
Die Zahlen zeigen eine Parität zwischen den Antragstellenden. Es sind nicht nur Zivilorganisationen, sondern eben auch die Jägerschaft, die Drohnen zum Zwecke der Jungwildtierrettung beantragen und schlussendlich nutzen.
Jagd ist eben mehr, nämlich auch Tier- und Naturschutz!
Jennifer Zeutzheim
Stellv. Öffentlichkeitsobfrau Hegering IX
Bild zur Meldung: Jungwildtierrettung 2023: Ricke mit Kitzen